Ein Projekt des Bezirksamtes Neukölln (FB Kultur): Märchen werden in der Originalsprache zu eigens dafür geschaffenen Bildern erzählt. Zum 15jährigen Bestehen erschien ein Büchlein, dafür schrieb ich:
Das Märchen vom Froschkönig habe ich „geerbt“ von einer guten Kollegin und Freundin, die Berlin verlassen hat. Aber warum gerade der „Froschkönig“? Damit haderte ich, ich hätte ein anderes als „deutsches“ Märchen gewählt: Die Zuschauer werden immer jünger – für 4 Jährige sind Märchen nicht gedacht und nicht gemacht, noch heute fühle ich mich mit dieser subtilen Geschichte oft fehl am Platz. Doch wenn ich dann eine 4. Klasse vor mir habe und in die Augen, gerade der Mädchen schaue, wenn der Frosch „im Bettchen schlafen“ will, dann weiß ich, dass ich etwas für sie relevantes erzähle.
Lustig ist, dass ich in diesem Rahmen mich als „nur Deutsche“ fühle, so als hätten alle anderen irgendwas mehr – haben sie ja auch, den Reiz des Fremden – deshalb erzähle ich mein Märchen gerne mit allen Originalwendungen – das alte Deutsch ist auch fremd und faszinierend zugleich.
Eine diebische Freude packt mich, wenn ich das brutale Ende des deutschen Märchens gegen die bekanntere französische Kuss-Version setze und zugleich überlege: Wie begründe ich ein so „politisch inkorrektes“ Verhalten (ein Tier wird an die Wand geworfen) –
Spannend über die Jahre hinweg: meine Beziehung zu dem Märchen: Wie bei einer Zwiebel erscheinen Schicht um Schicht und lassen mich begreifen, warum die Grimmschen Märchen unsterblich sind.
Was ich genieße, immer und immer mehr, ist die Neugier, die Ruhe, die fast meditative Aufmerksamkeit, die das Moritatenzelt für fremde Laute und Geschichten schafft. Wenn ich anfange zu zweifeln an der Zukunft von „Multi-Kulti“ erinnere ich mich an diese Atmosphäre und denke: „Hier ist ein Kristallisationspunkt“.